Golfstaaten treiben Infrastruktur voran, da frühzeitige Einführung an Dynamik gewinnt
Die MENA-Region (Naher Osten und Nordafrika) befindet sich noch in der Anfangsphase der Elektrifizierung, doch die Dynamik nimmt deutlich zu. Laut Roland Berger EV-Ladeindex 2025, Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate und Katar konnten ihre Werte im vergangenen Jahr allesamt verbessern, was auf staatliche Infrastrukturprogramme und ein steigendes öffentliches Interesse zurückzuführen ist.
Obwohl die Region bei der Verbreitung von Elektrofahrzeugen noch einen niedrigen Rang einnimmt – nur 4 Prozent der Neuwagenverkäufe im Jahr 2024 – wird der Grundstein für Wachstum durch Top-down-Investitionen und die Integration in umfassendere nationale Transformationspläne gelegt. Dazu gehören die Saudi Vision 2030, die Net Zero-Strategie der VAE und Smart-City-Konzepte in Doha und Dubai.
„Das Laden von Elektrofahrzeugen ist ein zentraler Bestandteil der nationalen Transformationsagenden zahlreicher Länder im Nahen Osten“, heißt es im Bericht von Roland Berger. Außerdem wird darauf hingewiesen, dass es in „intelligente Stadtplanung, Luxusimmobilien und die Ziele der Vision 2030“ eingebettet ist.
Wie schneidet die MENA-Region im Vergleich ab?
Die MENA-Region ist global gesehen noch immer ein Markt mit geringer Durchdringung. Elektrofahrzeuge machten 4 in der gesamten Region nur 2024 Prozent der Neuwagenverkäufe aus, gegenüber 2 Prozent im Jahr 2023. Länder wie die Vereinigten Arabischen Emirate und Saudi-Arabien verzeichnen jedoch derzeit das schnellste Wachstum im Vergleich zum Vorjahr, wenn auch von einem niedrigen Niveau aus.
Dies steht im Gegensatz zu reiferen Regionen wie Europa oder China, wo sich die Verbreitung von Elektrofahrzeugen stabilisiert oder in einigen Märkten sogar zurückgeht. Der Index zeigt, dass die Absatzdichte in der Golfregion zwar nach wie vor gering ist, die Ladeinfrastruktur jedoch schnell ausgebaut wird und die Nutzerzufriedenheit hoch ist.
„Saudi-Arabien, Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate befinden sich alle noch in der Anfangsphase der Elektrifizierung und liegen in unserem Ranking weiterhin am unteren Ende. Allerdings hat sich die Punktzahl aller Märkte verbessert, da sich der Fortschritt beschleunigt“, heißt es in dem Bericht.
Fokus auf Infrastruktur statt Volumen
Anstatt darauf zu warten, dass die Verbrauchernachfrage von selbst steigt, setzen die Regierungen der MENA-Länder auf die Infrastruktur als Katalysator. In Saudi-Arabien unterstützt der Public Investment Fund die nationalen Anbieter Electromin und EVIQ beim Aufbau eines landesweiten Ladenetzes und arbeitet dabei mit lokalen OEMs wie Lucid und Ceer zusammen. Auch das chinesische Unternehmen BYD hat sich dem Ökosystem angeschlossen, um den Ausbau der Ladeinfrastruktur zu unterstützen.
In den Vereinigten Arabischen Emiraten weitet die Dubai Electricity and Water Authority (DEWA) ihre Initiative „EV Green Charger“ aus und strebt bis Ende 1,000 über 2025 öffentliche Ladestationen an. Dubai bietet derzeit über 700 öffentliche Ladestationen in Einkaufszentren, an Autobahnen und in wichtigen Wohngebieten.
„Öffentlich-private Partnerschaften fördern das Hochgeschwindigkeitsladen in Einkaufszentren, an Autobahnen und in Wohntürmen, wobei Ladegeräte mit 150 bis 350 kW zur Norm werden“, heißt es in dem Bericht.
Die bestehende Netzstabilität der Region ist ein strategischer Vorteil. Hohe Energieverfügbarkeit und zuverlässige Netzkapazität ermöglichen die schnelle Installation leistungsstarker Ladestationen, ohne die Stromversorgung zu gefährden.
Fahrer und Ladepräferenzen
Die Roland Berger-Umfrage zeigt, dass die meisten Elektroauto-Nutzer in den Golfstaaten häufig und oft über längere Strecken fahren. In der MENA-Region gaben 57 Prozent der Nutzer an, jährlich 10,000 bis 20,000 Kilometer zu fahren, weitere 25 Prozent fahren sogar mehr als 20,000 Kilometer pro Jahr. Diese Zahl liegt über dem weltweiten Durchschnitt.
Dies macht die Ladeinfrastruktur zu einem praktischen Anliegen und nicht zu einem Luxus. Obwohl 58 Prozent der Autofahrer in der Golfregion Zugang zu privaten Ladestationen haben, wird fast die Hälfte aller Ladevorgänge in der Region immer noch außer Haus durchgeführt – einer der höchsten Anteile weltweit.
Gemeinsam genutzte Ladestationen in Wohnhäusern, Einkaufszentren und an Autobahnstationen sind weit verbreitet. In Saudi-Arabien beispielsweise laden BEV-Nutzer wie Omar (im Bericht porträtiert) typischerweise am Arbeitsplatz, in gemeinsam genutzten Garagen oder auf Fernstraßen.
Die Stimmung beim öffentlichen Laden ist stark
Die MENA-Länder schneiden hinsichtlich der Nutzerzufriedenheit mit öffentlichen Ladestationen sehr gut ab. In der Umfrage gaben 94 Prozent der Nutzer in Saudi-Arabien und 95 Prozent in den VAE an, mit dem öffentlichen Ladeerlebnis „sehr zufrieden“ oder „ziemlich zufrieden“ zu sein.
Was die wahrgenommenen Verbesserungen angeht, gaben 97 Prozent der katarischen und 95 Prozent der saudischen Nutzer an, dass öffentliche Ladestationen komfortabler geworden seien. Dies ist ein positiver Vergleich mit dem weltweiten Durchschnitt von 89 Prozent und übertrifft die Stimmung in reiferen, aber langsamer wachsenden Märkten wie Japan (63 Prozent) oder Italien (knapp 50 Prozent) deutlich.
Auch die Zufriedenheit mit der Ladegeschwindigkeit ist hoch. In Katar und Saudi-Arabien geben 59 Prozent der Nutzer an, dass öffentliche Ladestationen schnell genug sind. Diese Zufriedenheitsraten entsprechen oder übertreffen die in den USA und Deutschland, wo die Ladenetze zwar älter, aber ausgedehnter sind.
„Die größten Fortschritte haben die Länder im Nahen Osten und in Asien gemacht, insbesondere relativ junge Märkte wie Malaysia, Singapur, Thailand und die GCC-Staaten“, heißt es in dem Bericht weiter.
Ladezugang zu Hause und Trends
Der Zugang zu Ladestationen zu Hause verbessert sich, stellt aber für einige MENA-Fahrer weiterhin eine Einschränkung dar. Während 52 Prozent der Nutzer über ein eigenes privates Ladegerät verfügen, sind weitere 19 Prozent auf gemeinsam genutzte halbprivate Ladegeräte angewiesen, beispielsweise in Wohngebäuden. Fast jeder dritte Fahrer hat laut der Index-Umfrage überhaupt keinen Zugang zu Ladestationen zu Hause.
Das macht die öffentliche Infrastruktur, insbesondere in dicht besiedelten Gebieten, noch wichtiger. Gleichzeitig sind die MENA-Länder führend bei der Installation leistungsstarker Heimladegeräte. In Saudi-Arabien haben 35 Prozent der Heimladegeräte eine Leistung von 22 kW oder mehr – der höchste Wert weltweit.
Intelligente Ladetechnologien sind auf dem Vormarsch. Rund 22 Prozent der Heimladegeräte in der MENA-Region verfügen über Funktionen zur preisbasierten Optimierung oder zeitabhängigen Planung. Dies ist vergleichbar mit dem Niveau in Europa und im asiatisch-pazifischen Raum.
Batteriewechsel und zukünftige Formate
Die Roland Berger-Studie ergab, dass 69 Prozent der MENA-Elektrofahrzeugnutzer bereit sind, einen Batteriewechsel auszuprobieren – ein höherer Anteil als in Europa (48 Prozent) oder Nordamerika (50 Prozent). Am stärksten ist die Bereitschaft, einen Batteriewechsel auszuprobieren, bei Stadtbewohnern ohne zuverlässigen Zugang zu Ladestationen zu Hause und bei Flottenbetreibern, denen die Verfügbarkeit wichtiger ist als die Ladedauer.
Dies eröffnet Möglichkeiten für die Entwicklung neuer Formate in der Golfregion, insbesondere da OEMs und Regierungen die Lademethoden diversifizieren wollen. Obwohl der Batteriewechsel noch nicht gängige Praxis ist, deutet das große Interesse darauf hin, dass die Offenheit der Nutzer bald Pilotprojekte ermöglichen könnte.
Preiswahrnehmung und -barrieren
Die Kosten für öffentliche Ladestationen werden in der Region generell positiv wahrgenommen. Der Anteil der Nutzer, die öffentliche Ladestationen als „teurer als erwartet“ bezeichneten, lag in der MENA-Region bei 26 Prozent und damit unter dem weltweiten Durchschnitt von 33 Prozent und deutlich unter dem europäischen Durchschnitt von 41 Prozent.
Dennoch bleiben Herausforderungen bestehen. Infrastrukturlücken außerhalb der Großstädte, uneinheitliche Ausstattung an Ladestationen und gelegentliche Kompatibilitätsprobleme mit verschiedenen Elektrofahrzeugmodellen wurden im Index als anhaltende Probleme genannt.
Die beiden häufigsten Beschwerden der MENA-Befragten spiegeln globale Trends wider: Das Laden ist teilweise immer noch zu langsam (47 Prozent), und die Infrastrukturverfügbarkeit könnte besser sein (45 Prozent). Der Ruf nach schnelleren Ladegeräten, klareren Verfügbarkeitsdaten und strategisch besser platzierten Stationen ist weiterhin stark.
Der Weg in die Zukunft für den EV-Markt in der MENA-Region
Der jüngste Index zeigt deutlich, dass die MENA-Länder nicht darauf warten, dass die Nachfrage steigt. Sie bauen ihre Infrastruktur frühzeitig auf und positionieren sich als regionale Vorreiter bei der Vorbereitung auf Elektrofahrzeuge.
Staatliche Koordination, Partnerschaften mit dem privaten Sektor und die Integration in Smart-City-Pläne verschaffen der Region einen strukturellen Vorteil. Obwohl sich die Einführung von Elektrofahrzeugen noch in der Anfangsphase befindet, deuten die Kombination aus Langstreckenfahrgewohnheiten, leistungsstarken Energiesystemen und hoher Zufriedenheit mit der öffentlichen Infrastruktur darauf hin, dass die Region für ein schnelles Wachstum bereit ist.
„Trotz ihrer geringen Durchdringung bei den Elektrofahrzeugverkäufen gehören diese Länder zu den dynamischsten, wenn es um den Ausbau der Infrastruktur und die Zufriedenheit der Nutzer geht“, sagte Jack Zhuang, Principal im Shanghaier Büro von Roland Berger.
Da sich der Übergang von den Early Adopters zu den Mainstream-Nutzern beschleunigt, könnte sich das Engagement der Region, zuerst Ladekapazitäten aufzubauen, als ihre größte Stärke erweisen.
Für einen tieferen Einblick in die globale Lage lesen Sie unsere Geschichte ..











