Afrika entwickelt sich zu einem wichtigen Knotenpunkt im sich entwickelnden Ökosystem der Elektrofahrzeuge (EV). Lange Zeit als reiner Verbrauchermarkt betrachtet, gewinnt der Kontinent nun an Anerkennung als Zentrum für Innovation, Fertigung und Ressourcenentwicklung. Länder wie Nigeria und Kenia beschreiten unterschiedliche, aber gleichermaßen dynamische Wege, ziehen Investitionen globaler EV-Unternehmen an und fördern gleichzeitig einheimische Lösungen.
Nigeria: Förderung des industriellen Wachstums durch EV-Partnerschaften
In Nigeria verflechtet sich die Elektroauto-Agenda zunehmend mit Industriepolitik und internationaler Diplomatie. Die nigerianische Regierung treibt eine wichtige Partnerschaft mit dem chinesischen Automobilhersteller BAIC Motor voran, um die Batteriewechseltechnologie einzuführen – ein Schritt, der eines der hartnäckigsten Hindernisse für die Einführung von Elektroautos überwinden soll: die Ladeinfrastruktur.
Diese Initiative wird durch ein Förderpaket in Höhe von 151.9 Milliarden Naira unterstützt, das den Ausbau von Elektrobussen, Dreirädern und Ladestationen insbesondere in Gebieten mit unzureichender öffentlicher Verkehrsanbindung vorantreiben soll. Das Programm ist Teil der nigerianischen „Renewed Hope Agenda“, die Wirtschaftswachstum und ökologische Nachhaltigkeit in Einklang bringen will.
Der Batteriewechsel, der in China bereits gängige Praxis ist, bietet erhebliche logistische und wirtschaftliche Vorteile. Er verkürzt die Ladezeiten und ermöglicht ein zentrales Batteriemanagement – entscheidende Vorteile in einem Land, in dem der Zugang zu Energie ungleichmäßig ist und die Stromnetze chronisch überlastet sind. Das chinesische Unternehmen Nio beispielsweise betreibt über 3,000 Wechselstationen in ganz China und bietet damit ein funktionierendes Modell, dem Nigeria nun nacheifern möchte.
Chinas Engagement geht inzwischen weit über den Technologietransfer hinaus. Joint Ventures zielen auch auf die heimische Elektrofahrzeugproduktion ab. In den letzten Monaten haben chinesische Unternehmen Initiativen zur Elektrofahrzeugproduktion in Nigeria gestartet, gestützt durch bilaterale Abkommen und Bodenschätze. Laut Nigerias Minister für Festmineralienentwicklung, Dr. Dele Alake, ist das Land dank seiner beträchtlichen Lithiumreserven – einem wichtigen Rohstoff für die Batterieproduktion – „strategisch positioniert, um in der Elektrofahrzeugproduktion führend zu sein“.
Vom Rohstoff zur Wertschöpfung
Chinas Botschafter in Nigeria, Yu Dunhai, bezeichnete diese Zusammenarbeit als entwicklungsfördernd und nicht als rein transaktional. Er sagte: „Es geht um mehr als Handel; es geht um Entwicklung.“ Nigerias Wandel vom Rohlithium-Exporteur zum Verarbeiter und Hersteller lithiumbasierter Produkte ist Teil einer umfassenderen politischen Wende, die auf industrielle Diversifizierung abzielt.
Zu diesem Zweck ist bereits eine 150 Millionen Dollar teure Produktionsanlage für Lithium-Ionen-Batterien im Bau, während zusätzliche chinesische Investitionszusagen im Fahrzeug- und Technologiesektor über 2 Milliarden Dollar betragen. In Lagos hat CIG Motors im Rahmen einer öffentlich-privaten Partnerschaft mit der lokalen Montage von Elektrofahrzeugen begonnen und produziert als Machbarkeitsnachweis jährlich 2,000 Fahrzeuge.
Nigerias Bemühungen sind jedoch nicht ohne Herausforderungen. Illegaler Bergbau und unregulierte Förderung geben weiterhin Anlass zu ernsthaften Bedenken. Berichte über Umweltzerstörung und Kinderarbeit in informellen Lithiumabbaugebieten haben zu strengeren Maßnahmen geführt. Sowohl nigerianische als auch chinesische Behörden haben sich zu einer Nulltoleranzpolitik gegenüber Missständen bekannt. Mit der zunehmenden Bedeutung der Lieferkette für Elektrofahrzeuge wird die Überprüfung ethischer Beschaffungspraktiken wahrscheinlich zunehmen.
Kenia: Innovation von Grund auf
Während Nigerias Vorstoß in die Elektromobilität von einer Top-down-Industriestrategie und globalen Partnerschaften vorangetrieben wird, wird Kenias Fortschritt durch Startup-Innovationen und lokale Anpassungen vorangetrieben. Unternehmen wie Rideence und Ebikes Africa entwickeln neue Mobilitätsmodelle, die sowohl finanzielle Hürden als auch städtische Herausforderungen bewältigen.
Rideence bietet ein Leasing-Programm an, bei dem Fahrer kompakte Elektrofahrzeuge für 25 Dollar pro Tag mieten können. Dieses Modell vermeidet hohe Anschaffungskosten und ermöglicht es den Fahrern, einen größeren Teil ihres Einkommens zu behalten. Allerdings hat das Modell auch Nachteile: Nach zwei Jahren der Ratenzahlung gehören die Fahrzeuge den Fahrern noch immer nicht.
Ebikes Africa hingegen bietet den Kauf eines Elektrofahrrads in Raten an. Der Preis beträgt 760 Dollar und die Abzahlung erfolgt über elf Monate. Dieser Ansatz hat vielen Berufseinsteigern geholfen, insbesondere in der Gig Economy, wo E-Bikes für Liefer- und Transportdienste eingesetzt werden. Zu den Modellen gehören auch an Kenias unwegsames Gelände angepasste Elektrorollstühle. Dies unterstreicht, wie Innovationen auf die lokalen Bedürfnisse zugeschnitten sind.
Auch hier spielt chinesische Elektrofahrzeug-Hardware eine entscheidende Rolle. Sowohl Rideence als auch Ebikes Africa setzen auf erschwingliche chinesische Komponenten und Batterien. Sie sehen sich jedoch auch mit einem strengen regulatorischen Umfeld konfrontiert. Importzölle können die Kosten für Elektrofahrzeuge um über 50 Prozent erhöhen. Während Kenias Finanzgesetz 2023 diese Belastungen zu verringern versuchte, drohen neue Vorschläge im Finanzgesetz 2024 diese Erfolge zunichte zu machen. Die Electric Mobility Association of Kenya warnte, dass diese Änderungen den fragilen Fortschritt der Branche gefährden könnten.
Lokale Lösungen, globale Relevanz
Afrikas zweigleisiger Ansatz – Top-down-Produktion in Nigeria und Grassroots-Mobilität in Kenia – unterstreicht die wachsende Bedeutung des Kontinents für den globalen Elektrofahrzeugsektor. Diese Bemühungen sind weder einheitlich noch reibungslos. Nigeria muss die schnelle industrielle Entwicklung mit ökologischen und ethischen Aspekten in Einklang bringen. Kenias Startups sind flexibel, aber durch politische Unsicherheit eingeschränkt.
Was beide Länder jedoch verbindet, ist ein klarer Wandel: Afrika steht nicht länger am Rande der Elektromobilitätswende. Es beteiligt sich daran – durch Partnerschaften, Innovationen und eine zunehmend aktive Rolle bei der Gestaltung von Lieferketten und Geschäftsmodellen.
Mit der weltweit steigenden Nachfrage nach Elektrofahrzeugen rückt auch Afrikas Rolle als Lieferant wichtiger Mineralien, Produktionskapazitäten und skalierbarer Lösungen für den Globalen Süden in den Fokus. Ob Pilotprojekte zum Batteriewechsel in Abuja oder nutzungsbasierte E-Bikes in Nairobi – Afrika zeigt seine Präsenz.
Und wenn die derzeitige Dynamik anhält, könnte der Kontinent schon bald nicht nur zu den Nutznießern der elektrischen Revolution gehören, sondern zu ihren Gestaltern.











